Energiemanager oder Klimaschutzmanager?

20.07.22 –

Der Vorschlag des Gemeindevorstands für die Einrichtung einer halben Stelle für einen Energiemanager ist für die anstehenden Aufgaben nicht ausreichend. Die Aufgaben sind mit „Planen und Überwachung energetischer Sanierungen, Energiecontrolling, Verbrauchsabrechnungen und Erarbeitung und jährliche Aktualisierung Energiebericht umschrieben.

Wir fordern, dass endlich eine Eröffnungsbilanz erstellt wird, ein angemessenes Klimaschutz- und Klimaanpassungs-Maßnahmenprogramm aufgelegt wird und dieses Programm dann auch zeitnah umgesetzt wird. Die jetzt einzurichtende Stelle ist eine reine Verwaltungsstelle mit Aufgaben, die selbstverständlich in einer Verwaltung erledigt werden müssen. Den erforderlichen Fortschritt bei Energieeinsparungen und Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen werden so weiter verschleppt.

Der Bürgermeister und die CDU haben offenbar immer noch nicht verstanden, dass die Folgen der Klimaerhitzung die Menschen auch hier im Ort extrem betreffen werden.  „Die Einrichtung des Energiemanagers zeigt einmal mehr, dass die CDU und der CDU-Bürgermeister nur am Geschichten erzählen, nicht aber an echtem Klimaschutz interessiert sind,“ mein Horst Winter, Stellvertretender Vorsitzender des Bau-, Verkehrs., Wirtschafts- und Umweltausschusses.

 

Horst Winter hat dies im Bauausschuss mit folgender Argumentation deutlich gemacht:

In der Ausschusssitzung am 11.07.2022 wurde die Ausgestaltung einer neuen Stelle für einen Energiemanager kontrovers diskutiert. Dabei gab es wieder einige Fälle von Greenwashing durch den Bürgermeister, die aus meiner Sicht klargestellt werden müssen:

  1. Der Bürgermeister behauptet, dass das neue Rathaus energieautark sei
  2. Der Bürgermeister behauptet, dass die gewählte Lösung für die Heizung des Rathauses (Luft-Wasser-Wärmepumpe), der Kreuzburghalle (Gas) und des Feuerwehrhauses (Gas) eine bessere Lösung als das von den Grünen geforderte Nahwärmenetz mit einer Hackschnitzelanlage ist, weil die Pelletpreise erheblich gestiegen sind.
  3. Der Bürgermeister behauptet, dass er durch seine Qualifikation die von den Grünen geforderten Aufgaben für den Klimaschutz- und -anpassungsmanager hervorragend erfüllen kann. Er übernimmt die Rolle des „Generalisten“ und der Energiemanager die operativen Aufgaben.

 

Zum Punkt 1: Rathaus sei energieautark

Das Rathaus wurde mit einer Regenwassersammelanlage ausgestattet. Außerdem wurde das Rathaus mit einer Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 60kWp ausgestattet, die jährlich knapp 60.000kWh Strom produzieren wird. Es werden auch vier Ladesäulen für E-Kfz installiert mit einer Ladeleistung von maximal 22kW. Das ist alles erfreulich, aber aus meiner Sicht auch selbstverständlich. Es sollte zusätzlich ein Speicher für einen Teil des überschüssigen Stroms angeschafft werden. Dies ist bisher nicht erfolgt, weil die mögliche Förderung zu spät beantragt wurde.

Unzutreffend ist, dass das Rathaus (im Betrieb) energieautark ist. Laut Wärmeschutznachweis, der für jeden Neubau als Anlage zum Bauantrag zu erstellen ist, beträgt der Strombedarf für Heizung, Warmwasser,  Kühlung und Beleuchtung etwa 86.000kWh pro Jahr[1]. Hinzu kommen etwa 28.000kWh pro Jahr an Strom für die Büroarbeitsplätze [2]. Für die E-Ladesäulen gibt es einen weiteren Strombedarf, der nicht weiter beziffert werden kann. Den 60.000kWh, die von der PV-Anlage produziert werden, steht also ein Verbrauch von mindestens 110.000kWh gegenüber. Selbst mit einem Speicher kann so nie von einer „Energieautarkie die Rede sein. Hinzu kommt, dass der meiste Strom für die Heizung im Winter benötigt wird, wo das solare Angebot für die PV-Anlage gering ist.

Wäre ein wenigstens bilanziell energieautarkes Rathaus möglich gewesen? Hierzu müsste der Stromverbrauch für das Heizen und Kühlen unter 30.000kWh/ a liegen. Das wäre mit einer besseren Gebäudegeometrie (weniger Hüllfläche), weniger Fensterflächen (die verbrauchen 4mal mehr Energie als eine Wandfläche) und eine sorgfältige Betrachtung von Wärmebrücken möglich gewesen. Weil im Planungsauftrag nie Vorgaben für den künftigen Energieverbrauch gemacht wurden, haben die Planer offenbar auch nur die laschen Vorgaben der EnEV berücksichtigt.   

Das Gebäude hat einen Primärenergiebedarf von 59,7kWh/m² [3]. Stand der Technik sind Werte kleiner 15kWh/m² (Passivhaus).

Zum Punkt 2: Gewähltes Heizsystem sei die beste Lösung

Für ein potenzielles Nahwärmenetz wurde von der Hainburger Verwaltung eine Studie beauftragt, die zunächst 4 Varianten von Nahwärmenetzen beleuchtete. Die eigentliche Aufgabe, ein Nahwärmenetz unter Einbeziehung des neuen Rathauses, des Feuerwehrhauses und der Kreuzburghalle mit einer dezentralen Lösung zu vergleichen, wurde nicht beauftragt. Dies wurde von mir kritisiert. Daraufhin wurde auf separaten Blättern diese Betrachtung lückenhaft nachgeliefert. In der Studie wurden die Kosten für das Nahwärmenetz ausführlich dargestellt, auch die Betriebskosten (Wartung, Unterhaltung…)  und Bedarfskosten (Energieeinkauf, Netzverluste….). In der Berechnung (Barwertmethode) waren zahlreiche Fehler, auf die ich den Bürgermeister aufmerksam gemacht habe. Außerdem habe ich die Berechnungen nachvollzogen, die Fehler korrigiert und das Ergebnis dem Bürgermeister zur Verfügung gestellt. Ein Nahwärmenetz mit einer Hackschnitzelheizzentrale war die günstigste Lösung.

In der Ausschusssitzung am 23.09.2019 waren dann als „Experten“ ein Vertreter des Ingenieurbüros WJF, die die Studie erstellt hatten, und ein Architekt, der für den Rathausneubau verantwortlich ist, anwesend. Der Vertreter des Ingenieurbüros hat die Ergebnisse seiner Arbeit vorgestellt, ohne auf eine einzige Zahl einzugehen und die Empfehlung ausgesprochen, kein Nahwärmenetz zu bauen. Dies hat er mit zahlreichen Bedenken begründet, die bei der CDU, SPD und BfH auf fruchtbaren Boden gefallen sind, weil sich offenbar niemand mit den Zahlen befasst hat (auch der Bürgermeister nicht, sonst wären ihm die zahlreichen Fehler aufgefallen und er hätte den Murks nicht an das Parlament weiter gegeben).

Jetzt zu heute: Offenbar hat der Bürgermeister ein schlechtes Gewissen wegen der Fehlentscheidung und versucht nun nachträglich die Entscheidung zu rechtfertigen, indem er das Parlament und die Bürger auf eine falsche Fährte setzt: Eine Pelletheizung stand nie zur Diskussion.

Betrachtet man die Entwicklung der Hackschnitzelpreise im Vergleich zu den Strom- und Gaspreisen, hätte das Nahwärmenetz mit dem Kenntnisstand von heute einen erheblichen Vorteil gebracht, weil die Hackschnitzelpreise deutlich weniger gestiegen sind als die Gas- und Strompreise.

Quellen:

Grafik Hackschnitzelpreisentwicklung und Gaspreisentwicklung; Quelle: www.carmen-ev.de/service/marktueberblick/marktpreise-energieholz/marktpreise-hackschnitzel/ am 12.07.2022

Grafik Gaspreise: https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/bdew-gaspreisanalyse/  am 13.07.2022

Grafik Strompreise https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/bdew-strompreisanalyse/ am 13.07.2022

 

 

Zum Punkt 3:

Aus meiner Sicht brauchen wir keine „Generalisten“ mehr. Die haben gefühlt mittlerweile alle ein Buch geschrieben. Die Fakten sind klar, die Temperaturen steigen und die Ursache sind die menschengemachten Klimagase (Kohlendioxid, Methan, Lachgas u.a.) in der Atmosphäre. Es fehlen die, die etwas dagegen tun. Und hier tut sich der Bürgermeister nicht besonders hervor:

  1. Die Umrüstung der Straßenbeleuchtung wird verschleppt. Die Investition ist eine der wenigen Investitionen, die sich amortisieren. Warum wird das verschleppt? Die Argumentation der CDU und des Bürgermeisters, das zu verschleppen, ist nicht einleuchtend. Geld ist genug da, 2021 haben wir einen Überschuss von über einer Million Euro, der wahrscheinlich mit Strafzinsen bei der Sparkasse angelegt ist. Einerseits kann man jedes Jahr eine „Erfolgsmeldung“ herausgeben und so tun, als würde man was für den Klimaschutz tun. Andererseits ist man mit beschränkten Ausschreibungen von kleinen Aufträgen „freier“, als wenn man das Projekt komplett ausschreiben und auf einmal abwickeln würde. Man nimmt halt den Vorgang dann etliche Mal in die Hand. Dann wird gejammert, dass man zu viel Arbeit hat.
  2. Der Ausbau mit PV-Anlagen geht nur sehr schleppend voran. Wir haben mal wieder das Badeseegebäude auf der Agenda. Das eignet sich hervorragend, weil nach Süden ausgerichtet und der Strom auch im Sommer, wo er erzeugt wird, gebraucht wird. Im Rodgau hat man eine Freifläche von 26ha für PV im Blick, da passiert dann richtig was (etwa 26 Megawatt sind da möglich). Bei uns gibt es vom Bürgermeister dazu überhaupt keine Initiative, im Gegenteil: Der Teilnahme am Wattbewerb wurde von der CDU und dem Bürgermeister nur zugestimmt, weil ein Verein (AMU) das operative Geschäft übernimmt.
  3. Innerörtliche Baumpflanzungen passieren auch fast ausschließlich auf privater Initiative. Hier muss man schon froh sein, wenn die nicht verhindert werden. Ich kann hier auf die Aktion von Holzbau Euler verweisen oder auf die Obstbaumpflanzungen hinter der Kreuzburghalle, die vom Schulförderverein und Eltern von Neugeborenen durchgeführt werden. 
  4. Die wichtigsten Radwege (Mainuferradweg, Radweg an der Landstraße nach Seligenstadt vom Ostring bis zum Ortsrand Seligenstadt) sind seit Jahren in einem schlechten Zustand. Es passiert seit Jahren nichts. Hier zählen Ergebnisse und nicht, dass der Bürgermeister mal wieder mit irgendjemandem telefoniert hat.
  5. Wichtig wäre, mehr Arbeitsplätze im Ort zu haben, damit nicht so viele Leute auspendeln müssen. Beim ehemaligen „Wintergelände“ in Hainstadt werden vor den Wahlen große Schilder aufgestellt, im Ergebnis passiert dann aber seit Jahren fast nichts (eine Tankstelle, eine Soccerhalle und ein kleiner Produktionsbetrieb haben sich erfreulicherweise angesiedelt). Hier wäre auch mehr Engagement erforderlich. Wie das geht, kann man sich in Neu-Isenburg oder Langen ansehen.

Der Bürgermeister will weder eine Eröffnungsbilanz, noch ein Klimaschutzkonzept noch einen Maßnahmenplan. Man könnte ihn ja dann am eigenen Plan messen. Wenn man diesen Plan nicht hat, kann man alles Mögliche als Erfolg verkaufen und sich immer dazu stellen, wenn andere erfolgreich waren. So gewinnt man Wahlen und ruiniert die Welt.

Der Bürgermeister betont, dass er für ein Klimaschutzmanagement besonders geeignet ist, weil er sich in seinem Studium mit dem Thema befasst hat. Ein Studium vor vielen Jahren qualifiziert nicht unbedingt für die Aufgaben, die heute zu bewältigen sind. Einer, der vor vielen Jahre Schwarz-Weiß-Fernsehtechnik in seinem Studium hatte, ist ohne zusätzlich Qualifikation mit den modernen Smart-TV völlig überfordert. Ich bewerte anhand von Ergebnissen und nicht nach vermeintlichen Qualifikationen.


[1] Wärmeschutznachweis vom 31.03.2020,  Seite 33 Endenergiebedarf qe; => 86.762kWh/a

[2] Quelle: Energiebericht des Gemeindevorstands 2019/2020 Seite 9 Summe Rathaus Hauptstr. 44, Rathaus Krotzenburger Str. 7 und 9, Hauptstr. 48

[3] Siehe Energiebedarfsberechnung Seite 28

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